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Im Februar 2022 kam im schönen Callwey Verlag mein Buch „Gekommen, um zu bleiben“ heraus. Für den Reportage-Bildband, fabelhaft fotografiert von Ulrike Schacht, besuchte ich 20 Frauen, die sich auf dem Land einen Lebenstraum verwirklichten: ob als Architektin, Schäferin, Winzerin, Künstlerin, Teegärtnerin, Hotelbesitzerin, Coworker oder digitale Kreative. Die Geschichten, die sie zu erzählen hatten, konnten vielseitiger nicht sein. Was aber brachte sie hinaus aus der Stadt, hinein in alte Scheunen und abgeschiedene Wassermühlen, auf Höfe und Dörfer? Und wie fanden sie den Mut dazu? 

Im Nachhinein frage ich mich das auch. Denn auch ich zog vor ein paar Jahren von der Großstadt raus aufs Land. Ich sehnte mich nach Stille, Weite, Schönheit, viel weniger Reizen, viel mehr Platz im Kopf und im Leben. Ich träumte mich in eine einsam gelegene Scheune, die ich zu meinem neuen Lebensraum ausbauen wollte. Und dann, eines Tages, glimmte die Sehnsucht nicht nur, sie brannte lichterloh. Ein Schmelzpunkt. „Irgendwann musst du dich einfach entscheiden: Gas oder Bremse?“, beschreibt ihn Julia Nagel, eine der 20 Frauen, die ich für mein Buch interviewte. „Für mich war klar, wenn ich das hier nicht mache, dann ärgere ich mich ein Leben lang.“

Mir ging es nicht anders. 2013 verließ ich die Stadt und damit die Städter, die Menschen, zu denen ich so lange gehört hatte. Kein leichter Schritt. Aber mit der Zeit entdeckte ich, dass auf „dem Land“, was auch immer das so genau sein mag, ganz außergewöhnliche Frauen leben. Ich lernte einige von ihnen kennen, mal beruflich, mal privat, zog umher, knüpfte Kontakte, war überwältigt von der Vielseitigkeit und Tiefe, auf die ich traf. Daraus wurde letztlich eine Recherchereise – und das Manuskript für „Gekommen, um zu bleiben“.

Nach jedem neuen Besuch, den ich irgendwo in Deutschland unternahm, fuhr ich mit gehörig Respekt vom Hof. Respekt vor den Frauen, die mich so freimütig in ihre Lebensgeschichte eintauchen ließen, die mir ihr Werk zeigten, das von so viel Leidenschaft, Mut, Kreativität, Ausdauer und nicht zuletzt Fleiß erzählte. Immer wieder fielen dabei Sätze wie „Mein Bauch wusste sofort Bescheid“ oder „Wenn eine Idee stimmt, dann lege ich sofort damit los“ oder „Man darf nicht so viel nachdenken, sonst fängt man ja nichts an“. Vielleicht ist es das Intuitive, dieses Wissen von dem, was in die Welt gebracht werden will, das, was die 20 Unternehmerinnen in meinem Buch eint. Denn Unternehmerinnen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, sind sie alle: Frauen, die ihr Leben bei den Hörnern packen und etwas Eigenes daraus machen. Das Land gibt ihnen den Raum dazu.

Bildnachweis: Callwey Verlag (Ulrike Schacht), Unsplash (Nwar Igbariah)